Wie strukturiertes BEM und präventive Maßnahmen Mitarbeitende stärkt und Fehlzeiten reduziert
In deutschen Betrieben nehmen Langzeiterkrankungen wie psychische Störungen, Rückenbeschwerden und Long COVID seit Jahren deutlich zu. Ein Beispiel: Eine Mitarbeiterin fällt nach Burn-out mehrere Monate aus. Ohne ein strukturiertes betriebliches Wiedereingliederungsmanagement (BEM) wäre ihr beruflicher Wiedereinstieg kaum nachhaltig möglich. Wie wichtig eine solche Wiedereingliederung ist, zeigen auch statistische Zahlen eindeutig: Laut DAK-Psychreport 2025 entfielen etwa 2024 allein 342 Arbeitsunfähigkeitstage je 100 Versicherte auf psychische Erkrankungen, davon rund 183 Tage auf Depressionen. Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems wie Rückenleiden verursachten weitere 350 AU-Tage je 100 DAK-Versicherte. Auch Long- und Post-COVID belasten weiterhin: Laut einer AOK-Pressemitteilung aus dem Jahr 2024 etwa erhielten 1,8 % aller AOK-Versicherten Beschäftigten bis Ende 2023 mindestens eine Krankschreibung deswegen. In vielen Fällen war im Anschluss eine BEM notwendig. Was das ist, wie eine BEM abläuft und wie sie gelingt, lesen Sie in diesem Blogartikel.
Was ist betriebliches Wiedereingliederungsmanagement
Die Definition für betriebliches Wiedereingliederungsmanagement (BEM) gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX lautet wie folgt: „Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung …, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person, die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).“
Basis für strukturiertes betriebliches Wiedereingliederungsmanagement
Diese gesetzliche Pflicht legt die Basis für ein strukturiertes betriebliches Wiedereingliederungsmanagement, das die gesetzliche Verpflichtung erfüllt und gleichzeitig individuelle Lösungen im Unternehmen ermöglicht. Zum Beispiel durch das betriebliches Eingliederungsteam, den Betriebsarzt oder die Schwerbehindertenvertretung. Dabei werden auch Themen wie psychische Gesundheit, Konfliktlösung, Schulung von Führungskräften und Fehlzeitenmanagement berücksichtigt.
Ziele des BEM (Zielsetzung & Nutzen)
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Arbeitsverhältnis erhalten:Verhindert Trennung durch Krankheit und beugt Kündigungen vor. -
Arbeitsfähigkeit fördern:Individuelle Anpassungen ermöglichen einen nachhaltigen beruflichen Wiedereinstieg und sichern die langfristige gesundheitliche Stabilität. -
Fehlzeiten reduzieren:Gesparte Ressourcen und weniger Kosten entlasten den Betrieb – Teil eines umfassenden Fehlzeitenmanagements. -
Gesundheit stärken und Wissen sichern:Das BEM dient als Teil des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM), sorgt für individuelle Anpassung und hält wertvolles Wissen im Unternehmen. -
Sozialkassen entlasten:Durch Vermeidung von Krankengeld und Frühverrentung wird die Solidargemeinschaft gestärkt.
Wichtig: Das BEM ist freiwillig für die Betroffenen, vertraulich und präventiv: Es soll Lösungen finden, statt sanktionieren, im Unterschied zu disziplinarischen Gesprächen.
Abgrenzung zu anderen Maßnahmen
| Maßnahme | Zweck & Abgrenzung zum BEM |
| Krankheitsmanagement/ Krankenrückkehrgespräch |
Fokus auf kurzfristige Rückkehr, nicht auf die langfristige Verhinderung erneuter Arbeitsunfähigkeit; keine rechtliche Verpflichtung oder strukturiertes Verfahren. |
| Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) | Ganzheitliche Strategie zur Gesundheitsförderung; BEM ist eine Säule darin, zielgerichtet und für individuelle Wiedereingliederung nach Krankheit gedacht. |
| Stufenweise Wiedereingliederung (§ 44 SGB IX) | Konkrete Maßnahme, meist zeitlich abgestufter Rückkehr ins Berufsleben. BEM kann diese umfassen, ist jedoch umfassender. |
Ablauf und Prozess des BEM
Schritt 1: Identifikation betroffener Mitarbeitender
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Der BEM-Prozess beginnt damit, dass Mitarbeitende identifiziert werden, die über längere Zeit arbeitsunfähig waren. Hier spielt die Krankmeldung eine zentrale Rolle, denn nur wer im Vorfeld erfasst wird, kann ein gezieltes BEM erhalten.
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Schritt 2: Einladung zum BEM-Gespräch
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Ist die betroffene Person identifiziert, folgt die Einladung zum vertraulichen BEM-Gespräch. Wichtig: Die Teilnahme ist freiwillig, und der Betriebsausschuss kann beratend eingebunden werden, um Transparenz und Fairness sicherzustellen.
Schritt 3: Gemeinsame Analyse der Ursachen
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Im Gespräch wird offen über die Ursachen der Arbeitsunfähigkeit gesprochen. Ziel ist es, individuelle Belastungen und Hindernisse zu verstehen, sowohl gesundheitlicher als auch organisatorischer Natur. Dies bildet die Grundlage für eine passgenaue Wiedereingliederung.
Schritt 4: Erarbeitung von Maßnahmen und Wiedereingliederungsplan
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Auf Basis der Analyse werden konkrete Maßnahmen entwickelt. Dazu zählen etwa flexible Arbeitszeiten, ergonomische Anpassungen oder unterstützende Ressourcen. Der individuelle Wiedereingliederungsplan wird gemeinsam mit dem Mitarbeitenden erstellt und dokumentiert: eine klassische innerbetriebliche Lösung, die beiden Seiten zugutekommt.
Schritt 5: Umsetzung und Nachverfolgung
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Der letzte Schritt ist die praktische Umsetzung der Maßnahmen. Regelmäßige Feedbackgespräche und Anpassungen sorgen dafür, dass der Wiedereinstieg nachhaltig gelingt. So wird der berufliche Wiedereinstieg Schritt für Schritt erleichtert, und das BEM erfüllt seinen Zweck: die Mitarbeitenden sicher und nachhaltig zurück in den Arbeitsalltag zu begleiten.
Ein klar strukturierter BEM-Ablauf sorgt für einen erfolgreichen Wiedereinstieg und stärkt die Mitarbeiterbindung und die Gesundheit im Unternehmen. Das betriebliches Eingliederungsmanagement zeigt: Prävention, individuelle Lösungen und Nachverfolgung bringen den Erfolg nach einer Krankheit.
Paxisbeispiel: Wiedereingliederung nach muskuloskelettaler Erkrankung in der Produktion
Ein typischer Fall für betriebliches Wiedereingliederungsmanagement zeigt, wie ein strukturierter beruflicher Wiedereinstieg nach einer längeren Krankheit erfolgreich gestaltet werden kann. In unserem Beispiel handelt es sich um eine Produktionsmitarbeiterin, die aufgrund einer muskuloskelettalen Erkrankung mehrere Wochen ausgefallen war.
Ein Schritt: Integration spezieller Arbeitsplatzmatten
Im Rahmen des BEM-Ablaufs wurde zunächst ein individuelles Wiedereingliederungskonzept erstellt, das sowohl schrittweise Arbeitszeiten als auch angepasste Tätigkeiten vorsah. Ein zentraler Punkt war die ergonomische Anpassung des Arbeitsplatzes: Durch die Integration spezieller Arbeitsplatzmatten konnten Belastungen beim Stehen deutlich reduziert werden. Dies erleichterte nicht nur die Rückkehr an den Produktionsarbeitsplatz, sondern unterstützte auch den langfristigen Gesundheitserhalt der Mitarbeiterin.
Feedbackgespräche und Anpassungen an die Arbeitsaufgaben
Der Ablauf des betrieblichen Eingliederungsmanagements beinhaltete regelmäßige Feedbackgespräche, Anpassungen an die Arbeitsaufgaben und kontinuierliche Begleitung durch das BEM-Team. Die Mitarbeiterin konnte so nach und nach ihre volle Arbeitsfähigkeit wiedererlangen, ohne Überlastung oder Rückfallrisiko. Dieses Beispiel zeigt anschaulich, wie wichtig gezielte Maßnahmen wie ergonomische Optimierungen sind, um den BEM nach Krankheit erfolgreich umzusetzen und einen nachhaltigen beruflichen Wiedereinstieg zu gewährleisten.
Tipps für eine erfolgreiche Wiedereingliederung
Ein gelungenes betriebliches Wiedereingliederungsmanagement ist ein entscheidender Baustein für die langfristige Gesundheit und Motivation der Mitarbeitenden. Damit die Rückkehr an den Arbeitsplatz reibungslos gelingt, können Unternehmen auf einige bewährte Strategien setzen:
1. Individuelle Stufenpläne entwickeln |
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2. Flexible Arbeitszeiten anbieten |
| Jeder Mitarbeitende hat andere Bedürfnisse und Belastungsgrenzen. Ein maßgeschneiderter Stufenplan, der schrittweise die Arbeitszeit und Aufgaben steigert, sorgt dafür, dass Rückkehrer sanft wieder in den Arbeitsalltag eingeführt werden. | Flexibilität ist das A und O. Gleitzeit, Teilzeitmodelle oder Homeoffice können die Rückkehr erleichtern und verhindern Überlastung. |
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3. Transparente Kommunikation fördern |
4. Arbeitsplatzgestaltung optimieren![]() |
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Offene Gespräche zwischen Mitarbeitenden, Führungskräften und dem Betriebsrat schaffen Vertrauen. Klare Absprachen über Aufgaben, Erwartungen und mögliche Anpassungen vermeiden Missverständnisse und fördern eine positive Arbeitsatmosphäre. |
Ergonomische Arbeitsplätze, angepasste Technik oder ruhige Rückzugsbereiche tragen entscheidend zum Wohlbefinden bei. So wird die Rückkehr nicht nur möglich, sondern auch nachhaltig erfolgreich. |
Ein professionelles betriebliches Wiedereingliederungsmanagement, das diese Punkte berücksichtigt, stärkt die Motivation der Mitarbeitenden, reduziert Fehlzeiten und trägt zur langfristigen Gesundheit im Unternehmen bei.
Fazit und Bezug zu Ergonomie herstellen
Ein durchdachtes betriebliches Wiedereingliederungsmanagement zahlt sich langfristig aus, nicht nur für Mitarbeitende, sondern auch für das Unternehmen selbst. Wer frühzeitig auf Ergonomie am Montagearbeitsplatz achtet, reduziert körperliche Belastungen und beugt Ausfällen vor. Diese Investition zahlt sich direkt im Return on Prevention aus: Jede Maßnahme, die Arbeitsplätze sicherer und gesünder gestaltet, steigert die Produktivität und senkt Kosten durch krankheitsbedingte Ausfälle.
Prävention ist die Win-win-Strategie für alle
Durch gezielte betriebliche Präventionsarbeit lassen sich Risiken minimieren und die Unfallverhütung am Arbeitsplatz nachhaltig verbessern. Eine konsequente Arbeitssicherheit im Betrieb, gepaart mit ergonomischen Lösungen, sorgt dafür, dass Mitarbeitende nicht nur schnell, sondern auch langfristig gesund in ihren Job zurückkehren. So wird Prävention zur Win-win-Strategie für alle Beteiligten.
FAQs
Was darf der Arbeitgeber beim BEM-Gespräch fragen?
Im BEM-Gespräch darf der Arbeitgeber nur Fragen stellen, die für die berufliche Wiedereingliederung und den betrieblichen Wiedereinstieg nach einer Langzeiterkrankung relevant sind. Das sind zum Beispiel Fragen zu möglichen Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit oder zu unterstützenden BEM-Maßnahmen. Medizinische Diagnosen oder vertrauliche Details zur Erkrankung müssen Beschäftigte nicht preisgeben. Im Mittelpunkt stehen der BEM-Ablauf, ein individueller Wiedereingliederungsplan sowie geeignete gesundheitsfördernde oder rehabilitative Maßnahmen. Ziel ist es, durch ein vertrauensvolles Mitarbeitergespräch und das betriebliche Eingliederungsteam Lösungen für den Arbeitsplatzerhalt und eine nachhaltige Rückfallprävention zu entwickeln.
Welche Maßnahmen können im Rahmen des BEM vereinbart werden?
Im Rahmen des betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements (BEM) können vielfältige BEM-Maßnahmen wie die stufenweise Wiedereingliederung nach Krankheit, individuelle Anpassungen des Arbeitsplatzes oder flexible Arbeitszeitmodelle (z. B. Vertrauensarbeitszeit) vereinbart werden. Auch Reha-Maßnahmen, Rückkehrgespräche, Schulungen für Führungskräfte, Präventionsmaßnahmen zur psychischen Gesundheit sowie innerbetriebliche Lösungen durch das betriebliche Eingliederungsteam gehören dazu. Ziel ist eine erfolgreiche berufliche Wiedereingliederung, die sowohl den beruflichen Wiedereinstieg erleichtert als auch langfristig Gesundheitsvorsorge, Arbeitsrecht und Teilhabe am Arbeitsleben berücksichtigt.
Wie lange dauert ein Wiedereingliederungsprozess?
Wie lange ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement (BEM) dauert, hängt von der individuellen Situation ab und kann wenige Wochen bis mehrere Monate umfassen. Im Rahmen des BEM-Ablaufs wird gemeinsam mit dem betrieblichen Eingliederungsteam, dem Betriebsrat und ggf. nach medizinischer Begutachtung ein Stufenplan für die stufenweise Rückkehr erstellt, der an die gesundheitlichen und betrieblichen Anforderungen angepasst wird. Entscheidend ist, dass die BEM-Maßnahmen flexibel gestaltet werden, um einen nachhaltigen beruflichen Wiedereinstieg und die Förderung von psychischer Gesundheit, Betriebsklima und Personalentwicklung zu sichern.
Wann muss ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt werden?

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